Seit der Gründung der Winzergenossenschaft Ihringen im Jahr 1924 haben Generationen von Winzern und Weinliebhabern Hand in Hand daran gearbeitet, die Weintradition zu pflegen und zu erweitern. Laut WG-Geschäftsführer Volker Paschke sei nicht nur Wein produziert, sondern eine Gemeinschaft aufgebaut worden, die trotz vieler Herausforderungen stark und vereint geblieben sei.
Diesem wichtigen Zusammenhalt, der Tradition, aber auch der Innovation und dem Aufspüren von Trends wolle man sich im Jubiläumsjahr und in der Zukunft stellen. Es gelte mehr denn je neue Ansätze und Ideen zu verwirklichen und dabei das solide Handwerk der Weinherstellung im Blick zu behalten.
Ein wichtiges Beispiel für das Miteinander alter und neuer Werte sei der Jubiläumswein - ein Cuvée aus der Ihringer Klassikersorte Silvaner und der noch recht jungen Rebsorte Souvignier Gris. Eine Kreation, Jahrgang 2023 und trocken sowie mit leichten Holzaromen ausgebaut, auf die sowohl Paschke als auch Verkaufsleiter Roland Jakob besonders stolz sind. Im Bukett sei der gelblich und mit grünen Reflexen im Glas schimmernde Wein fruchtbetont und habe Aromen von Apfel, frischem Gras und jungen Kräutern. Am Gaumen sei eine saftige, apfelige Säure erkennbar. Feine Komponenten würden an Grapefruit erinnern.
Das Jubiläumscuvée ist bereits auf dem Markt, werde gut angenommen und soll aber auch bei den Ihringer Weintagen angeboten werden. Etwa 10.000 Flaschen wurden zunächst abgefüllt und mit einem wertigen Jubiläumsetikett versehen.
Der Souvignier Gris selbst ist ein Weißwein, der geschmacklich am ehesten mit dem Grauburgunder verglichen werden kann und bei der WG Ihringen im Jahr 2020 zum ersten Mal in die Flaschen kam. 2014 pflanzen einige Genossenschaftswinzer übrigens die ersten Souvignier Gris-Reben. Mittlerweile sind rund sechs Hektar Fläche mit dieser Sorte bestockt. Die Tendenz ist steigend. Laut Paschke sollen es einmal rund zehn Hektar werden. Die Traube selbst gehört zu den pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PIWI), bei denen kaum Pilzkrankheiten auftreten und deshalb eine deutliche Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln die Konsequenz ist. PIWI-Weinbau mache es möglich, so Paschke, insgesamt nachhaltiger zu wirtschaften. Das sei der Weinbau der Zukunft, sowohl in ökologischer als auch in ökonomischer Hinsicht. Es gelte, sich noch mehr als früher mit diesen Themen auseinanderzusetzen und ein besseres Gleichgewicht zwischen Natur, Winzern und Konsumenten zu schaffen und damit zukunftsfähig zu bleiben. Der An- und Ausbau neuer Sorten sei ein wichtiger Schritt in einer Branche, die sich momentan bekanntlich in einer recht angespannten Situation befindet. Der Markt sei von rückläufigem Weinkonsum und gestiegenen Kosten geprägt und Umdenken notwendig.
Zu den Weintagen ebenfalls abgefüllt wurden traditionell wieder rund 3000 Flaschen Festwein, wie immer ein Cuvée aus Rivaner und Muskateller, und mit dem unverwechselbaren pinkfarbenen Etikett versehen. Er wird beim Fest, aber auch bei der Genossenschaft selbst verkauft - am Samstag, 1. Juni, und Sonntag, 2. Juni, ist erneut ein Offener Winzerkeller mit Führungen und Verkostungen geplant. Damit sei die Chance gegeben, mit Weinfreunden ins Gespräch zu kommen und sie von der neuen Strategie zu überzeugen.
Nach wie vor ein Renner im Sortiment ist der Zisch - ein spritziger Perlwein aus Rivaner, der mit natürlichen Aromen versetzt wird und nach Zitrone, Grapefruit und Blutorange schmeckt. Der Zisch gibt zudem den Namen für eine noch recht junge Veranstaltung im Hof der Winzergenossenschaft, viermal im Jahr wird am Mammutbaum ausgeschenkt. Es ist ein längst gerne genutzter Donnerstagstreff zwischen 17 und 22 Uhr, bei dem es ebenfalls um Geselligkeit unter Weinfreunden geht.
Apropos Veranstaltungen. Neu in diesem Jahr ist der „Hock vorm Fescht“. In Anlehnung an eine alte Ihringer Tradition sollen die Weintage am Vorabend des Eröffnungstags mit einem Hock eingeläutet werden. Früher habe man sich regelmäßig nach den Aufbauarbeiten getroffen, erzählen Paschke und Jakob. Diese Gewohnheit soll jetzt wieder aufgegriffen werden.
Ob es bei den Gesprächen an diesem Abend auch um das Jubiläum der Winzergenossenschaft gehen wird? Darum, dass einst 279 Winzer - geprägt von Not und Hoffnungslosigkeit - ihr Schicksal selbst in die Hand nahmen und die Genossenschaft aus der Taufe hoben? Auch wenn das mittlerweile längst Geschichte ist und die Genossenschaft heute mehr die Zukunft als die Vergangenheit im Blick hat. Dennoch soll der Wissensschatz aus 100 Jahren Weinbau und Kellerwirtschaft immer noch eine Rolle bei dem Ziel spielen, Außergewöhnliches für die Zukunft zu schaffen.
Von Ulrike Ott
» Winzergenossenschaft Ihringen,
Winzerstraße 6, Ihringen,
www.winzergenossenschaft-ihringen.de