Oben am Kastelberg hausen sie das Jahr über. Zur Fastnacht aber zieht es sie stets herab in die Stadt. So jedenfalls wird es in ihrem Hexenwalzer besungen: ,,Kum war donn die Fasnet do, sin' sie alli g'floge ko". Gemeint sind die Waldkircher Burghexen, die ihren Drang zum Besenflug zum 50-sten Mal ausleben.
Die Burghexe feiert Geburtstag. Und sie tut dies, obwohl sie schon sichtlich gealtert ist. Ihr Gebiss ist auf zwei Hauer geschrumpft; ihr Gesicht ziert eine Warze und ist zerfurcht. Auch ihr Kopftuch und eine Unterhose mit Rüschen machen sie nicht zur Schönheit. Dafür aber hat sie anderes zu bieten. Ungestüm und mutig führt sie sich auf; macht zuweilen Blödsinn. Was nicht verwundert. Denn in ihrer Haut stecken nur Männer, streng geprüft und sogar getauft. 55 sind es aktuell. Seit jeher zeitgemäß, weil abgasfrei ist ihre Fortbewegung, was sie auch so singen: „D'Burghex isch ä hitzig Wese, rittet, rittet uff em Riesigbese".
Zu ihrem Jubiläum empfangen die Burghexen viele Artverwandte. 13 weitere Hexensippen, sechs diverse Teufel und Deyfelswieber sowie Geischter und Dämonen haben sich angesagt. Dazu gesellen sich Schreckli und Wilde Männer; auch Eulen, Schnecke und Schnooge sind dabei. Sie alle verbünden sich am Wochenende, 28. und 29. Januar, zum Narrentreffen.
Los geht es am kommenden Samstag ab 17 Uhr. Dann dringen viele Gestalten aus der Ortenau, vom Kaiserstuhl, dem Breisgau, Elztal und vom Wald herab in Waldkirch ein. Zünfte der oberrheinischen und schwäbisch-alemannischen Verbände kommen, obwohl die Burghexe noch eine freie Wilde ist. Um 19.11 Uhr sammeln sich alle in der Freie Straße zum Nachtumzug, der durchs Zentrum rund um den Stadtkern führt. Etwa 2200 Narren werden ihr Unwesen treiben. Am Ende, gegen 21 Uhr, führen die Burghexen in der Engelstraße ihr schauriges Schauspiel mit Feuer und Rauch auf. Es dauert eine halbe Stunde. Anschließend ist Freinacht. Marktplatz und Blumenstraße werden zum Narrendorf. 17 Gruppen aus Waldkirch und dem Elztal sorgen in einer ganzen Kette von Holzhütten für einen vielfältigen Mix an Verpflegung, kündet Blättle-Hex Sandro Kamsties an.
Der große Jubiläumsumzug am Sonntag beginnt um 14.11 Uhr, erneut in der Freie Straße. 50 Zünfte und rund 3500 Hästräger ziehen dann durch die Lange Straße, Bismarck- und Friedhofstraße bis zur Kirchstraße, von wo alle zum Narrendorf strömen. Allein neun Zünfte aus Waldkirch, angeführt von der altehrwürdigen Krakeelia, sind dabei. Die weitesten Anreisen nehmen Narren vom Hochrhein, Murgtal und Neckar auf sich. Aus der Nachbarschaft kommen Traditionsfiguren wie Spitzbue, Schindlejokel, Silberklopfer und die Johlia vom Vögelestei. Viele bringen ihre heimischen Musikzüge mit. Zusammen mit fünf Guggemusiken sorgen sie für die übliche närrische Polyphonie. An der Spitze rauschen die Burghexen auf ihren Besen durch. Und wie immer führen sie auch ihren Achtmeterbesen mit, um gelegentlich in oberen Fensterreihen vorbeizuschauen.
Wer alles erleben will, dem sollten vier Euro Eintritt für die Organisation nicht zu viel sein. Zur Erinnerung gibt es eine Holzplakette oder Schlüsselanhänger mit der Burghexe drauf. Wie die Zunft noch mitteilt, sind Parkmöglichkeiten vorhanden und schon am Ortseingang ausgeschildert. ban