Im Elternhaus ging es dann wieder Hochdeutsch weiter und später, als sie auf eine längere Reise durch die Welt ging, kam Englisch dazu – und Hindi, eine indische Sprache. Neun Monate lebte sie im Land der Großeltern und lernte dort ihren heutigen Mann genauer kennen, dem sie bereits in Freiburg an der Uni begegnet war. Statt Betriebswirtschaft studierte sie dann an einer privaten Fernhochschule in Darmstadt Literatur und Journalismus.
Ihr war auf den Reisen klar geworden, dass sie schreiben wollte und konnte. „Die Zahlen sind nicht so meine Welt“, sagt Sandhya lächelnd, „da kennt sich mein Mann besser aus. Schon als Kind wollte ich Bücher schreiben mit Geschichten, die Menschen berühren.“
Und das begann sie sowohl in Hochdeutsch, als auch in Alemannisch, als sie mit ihrem Mann im Jahr 2009 in den Hotzenwald zurückkehrte. Sie etablierte sich als freie Journalistin bei den regionalen Tageszeitungen – auch der Badischen Zeitung – ,schrieb über lokale Themen, interviewte den heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier oder Wetterfee Claudia Kleinert. Als ihr heute zwölf Jahre alter Sohn noch klein war, blieb ihr Zeit für intensive Beschäftigung mit der Sprache, aber auch kreative Arbeit mit Farbe, Pinsel und Kamera.
„Ich bin mit em Alemannische uffgwachse: ’S isch di Sproch vo mine Fründinne gsi. Di Sproch gumpt mer hüt no grad so usem Herz un goht direkt ins Ohr. ’S isch e gfühlti Sproch, e lautmalerische Sproch, un e Sproch vo luter Bilder.“
Sandhya Hasswani
Heraus kamen so nach und nach öffentliche Aktionen: Ein Schülerwettbewerb in alemannischer Sprache auf dem Hotzenwald mit teilweise 400 Teilnehmern und -innen verschiedenster Schulen. Die Freilichtbühne Klausenhof, die Trachtenvereinigung Alt-Hotzenwald, Bürgermeister, der Verein Aktiver Hotzenwald und die Muettersproch-Gsellschaft spielten dabei eine Rolle. Sandhya Hasswani erprobte sich als Netzwerkerin. Sie lernte auch Markus Manfred Jung kennen, den bekannten alemannischen Dichter aus dem Wiesental. Für ihre alemannische Schreibe war das ein Glücksfall. „Ich brauche den Schliff, ich bin bereit, noch mehr zu lernen“, betont Sandhya. „Literatur ist Kunst, das muss man lernen.“
Wichtige Schritte auf diesem Weg hat sie bereits getan und die Anerkennung für ihre Geschichten ließ nicht lange auf sich warten. Sie gewann Preise im Gerhard-Jung-Wettbewerb „Junge Mundart“ in den Jahren 2015 und 2018 und die „LahrerMurre“ im Jahr 2021.
Da hatte sie bei der Preisverleihung schon ihr neues Buch druckfrisch mitgebracht: „Chind un andri Plogewo glücklich mache“. Erschienen im Drey-Verlag, lektoriert von Verleger Markus Manfred Jung persönlich. Es war jedoch nicht ihr erstes Buch. Dieses mit dem Titel: „Sagenhafter Hotzenwald“ beschäftigt sich in 30 Erzählungen mit sagenumwobenen Gestalten wie dem Heidewiibli, dem Gaudihans mit der wüsten Schnöre oder dem Moosteufel vom Murgtal. Dazu wissenswerte Fakten zu Land,Menschen, Tradition und Kulturgeschichte aus mehr als 800 Jahren und illustriert mit 80 eigenen Aquarellen.
Die Jury des Lahrer Mundart-Wettbewerbs „Lahrer Murre“ im Jahr 2021 hat sie mit einer sehr persönlichen Erzählung überzeugt: „Do aacho“. Sie handelt von der scheinheiligen und unverschämten Frage an die im Hotzenwald aufgewachsene Frau nach 20 Jahren: „Si sin also no do. I han denkt, ihr göhnd wieder zruck.“ Und weckt bei Sandhya die alte Beklemmung, als ob eine etwas dunklere Hautfarbe nicht „do“ hingehört. Weiße Creme hatte sich das Kind einmal ins Gesicht geschmiert, um so zu sein, wie die anderen Mädchen. Die erwachsene Frau hat sich für ihre Heimat entschieden und ist „aacho“. Angekommen. Und man wird noch viel von ihr hören. Heinz Siebold
Sandhya Hasswani, Jahrgang 1987, hat indische Wurzeln, ist am Hochrhein aufgewachsen und lebt mit ihrer Familie im Hotzenwald. Sie ist Journalistin, Dialektautorin und mehrfache Preisträgerin mit ihren Mundarttexten.