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Hebelfest in Hausen

Di, 10. Mai 2022

Anzeige Beliebt und mit viel Geschichte: Das traditionelle Hebelfest in Hausen lockt alle Generationen / Einmaliges Prozedere zu Ehren des Dichters

Schon die Kleinsten sind in Hausen beim alljährlichen Hebelfest mit dabei. FOTO: ANGELIKA SCHMIDT

Das traditionelle Hebelfest in Hausen, das nach coronabedingter zweijähriger Pause am 10. Mai wieder über die Bühne geht, sollte Unesco-Weltkulturerbe werden und ist erst vor wenigen Tagen gescheitert. Das Fest schaffte es nicht unter die vier Bewerber auf der Landesliste, die zur weiteren Entscheidungsrunde nach Berlin geleitet werden soll. „Wir sind natürlich enttäuscht“, sagte Martin Bühler, Bürgermeister der Wiesentalgemeinde. Und Wernfried Hübschmann, der das Projekt federführend geleitet hatte, ergänzt: „Wir werden das Ergebnis analysieren und schließen nicht aus, bei einem künftigen Bewerbungsverfahren erneut in den Ring zu steigen.“ „Seit 150 Jahren feiert ein Dorf im Alemannischen den Dichter Johann Peter Hebel mit einem Fest, wie es in Deutschland wohl einmalig ist“, schrieb der Literaturkritiker Hubert Spiegel im Mai 2010, und fährt fort: „Die Geschichte des Hebelfestes klingt, als hätte Hebel selbst sie in einer seiner Kalendergeschichten erzählt.“

Er beschreibt damit, was es aus Hausener Sicht zu erhalten gilt: ein soziokulturelles Gesamtkunstwerk, das an Werk und Wirken des Dichters, Pädagogen und Theologen Johann Peter Hebel (1760 bis 1826) erinnert und anknüpft. Sein schriftstellerisches Werk sowie sein Schaffen und Wirken als aufgeklärter, humanistisch gebildeter Theologe und Pädagoge strahlen bis in die heutige Zeit.

Den Gründungsimpuls zum Hebelfest verdankt Hausen indessen der Basler Bürgerschaft, als am Rheinknie 1860 der 100. Geburtstag Hebels gefeiert und die Basler Hebelstiftung gegründet wurde. Damals fanden sich am 10. Mai, dem Geburtstag Hebels, mehr als 50 Honoratioren ein, um die Stiftung aus der Taufe zu heben. Anlass und ursprünglich alleiniger Stiftungszweck war die Erfüllung eines nur mündlich überlieferten Wunschs des Dichters. Er wollte nämlich, dass den jeweils elf ältesten Männern seines südbadischen Heimatdorfes Hausen im Wiesental jeden Sonntag ein einfaches Mittagessen und ein Schoppen Wein spendiert werden sollten.

Dafür wurde spontan gesammelt und die Stiftung ins Leben gerufen. Das „Hebelmähli“ ist denn auch der historisch-soziale Kern des Hebelfestes. Seit seinem Gründungsjahr werden immer am10.Mai die elf ältesten Männer sowie der jeweilige Bürgermeister von Hausen, seit 1972 auch die zwölf ältesten Frauen, zum „Mähli“ eingeladen.

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Johann Peter Hebel, der Mann mit dem erhobenen Zeigefinger, wird in Hausen geehrt. FOTO: ELMAR VOGT

Auch die Bedeutung von Hebels Sprache war für den Unesco-Antrag wichtig. Durch die „Allemannischen Gedichte“ Hebels wurde das Alemannische einst in den Rang einer eigenständigen Literatursprache erhoben. „Ich kann in gewißen Momenten innwendig in mir unbändig stolz werden und mich bis zur Trunkenheit glücklich fühlen, dass es mir gelungen ist, unsere sonst so verachtete und lächerlich gemachte Sprache classisch zu machen“ (Hebel 1809 in einem Brief an F. W. Hitzig). Der italienische Autor Cesare Cases beschreibt den Sprachstil Hebels als die Sprache der Naturliebhaber und der Freunde der ländlichen Gebräuche, beides aus der Sehnsucht nach der Heimat erwachsen. „Für Hebel verklärte sich die Wiesentäler Heimat in ein verträumtes Idyll und die Muttersprache wurde zur schönsten Sprache überhaupt.“

Elias Canetti, Hebelpreisträger 1980, berichtet über seine Konfrontation mit Hebel: „Im Alter von 13 Jahren bin ich dem Schatzkästlein begegnet, als ich in Zürich die Kantonsschule besuchte. In dieser Schule habe ich erlebt, was gute Lehrer bedeuten. Doch der beste Lehrer, den ich damals hatte, war Johann Peter Hebel. Es gibt nicht viele, die so lange nach ihrem Tod Lehrer bleiben.“ Hebels Anliegen war es ausdrücklich, den Blick der mehrheitlich ländlichen Bevölkerung über Landschafts- und Landesgrenze hinaus zu weiten. Religiöse Toleranz, Gedankenfreiheit und ein aufgeklärtes Fürstentum waren der Nährboden für sein Denken, Schreiben und Wirken. Hebels alemannische Gedichte, Lieder und Sinnsprüche sind deshalb erhaltenswert und bedürfen einer respektvollen Pflege. Die kulturellen Traditionen tragen wesentlich und sinnstiftend zur regionalen Kultur und Identität im Markgräflerland und besonders im Wiesental bei.

Um es mit Michael Köhlmeier, Hebelpreisträger 1988, zu sagen: „Er hat der Welt von seiner Heimat erzählt und seiner Heimat hat er von der Welt erzählt. Und dass die Welt so aufmerksam gelauscht hat und immer noch so aufmerksam lauscht, darin liegt die Größe dieses Dichters.“ Elmar Vogt

Info – Johann Peter Hebel

Johann Peter Hebel wurde am 10. Mai 1760 in Basel geboren, am 22. September 1826 starb er in Schwetzingen. Er gilt als der bedeutendste alemannische Mundartdichter. Seine Kindheit verlebte er zur Hälfte in der Stadt, zur anderen Hälfte in Hausen im Wiesental, dem Heimatdorf seiner Mutter Ursula. Das Hebelfest wird immer am 10. Mai mit einem Festakt zur Verleihung des Hebelpreises, 11.45 Uhr, gefeiert. Das Fest beginnt mit dem Wecken um 6 Uhr, und endet um 16.30 Uhr mit einem Konzert der Hebelmusik. Zum Fest gibt es auch einen Kinderumzug.


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