Über die Jahrhunderte hinweg bildeten sich die jeweiligen Berufsstände und deren Zünfte. Der Zusammenschluss der Zimmerer von drei regionalen Vereinigungen 1898 in Offenburg zum Holzbauverband Baden e.V. hatte seine wesentlichen Ursachen in extremen Umbrüchen, die eine grundsätzliche Neuorientierung unumgänglich machten.
Vorangegangen war das Aufkommen anderer Bauweisen im Zuge der industriell produzierten Baustoffe wie Guss, Stahl, Zement und schließlich Beton im 19. Jahrhundert. Dies bedrohte die bis dahin führende Bauweise in Holz. Die Zünfte waren aufgelöst. Die soziale Anbindung der Arbeitnehmer an die Meisterbetrieb und die Ausbildung waren gefährdet. So kam es auch zur Einführung der Sozialversicherung in den Achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts.
Diese Situation galt es durch neuen Gemeinschaftssinn und gebündelte Kraft zu verbessern. Gemeinsamkeiten und Traditionen pflegen und leben, so hieß die Devise damals. Diese Tugenden werden auch heute noch im Holzbauverband Baden gelebt.
Die Selbsthilfe und Pflege des Gemeinsinns als Arbeitgeber und die Bildung standen zunächst im Fokus der Gründerväter. Die wirtschaftliche und rechtliche Beratung sowie die Herausgabe und von Informationen waren Kernpunkte. Heute würde man das als Vernetzung von Kollegen-Unternehmen bezeichnen. Kontinuierliche Verbesserung der Ausbildungsinhalte im Lehrlings- und Meisterprüfungswesen waren damals die Ziele, die auch stetig umgesetzt wurden.
Hinzu kam die grundsätzliche Positionierung in der Handwerks- und Mittelstandspolitik, Einflussnahme auf Bauordnungen und Behördengespräche. Die Steigerung des Umweltbewusstseins war schon immer ein wichtiges Gut und damit auch die Forcierung des Holzbaus durch innovative Entwicklungen. Insbesondere neue Fertigungstechniken eröffneten enorme Zukunftspotenziale. Ganz besonders positiv schlagen in diesem Zusammenhang die Möglichkeiten der Vorfertigung und kürzere Bauzeiten zu Buche. Das Holzbauhandwerk hat sich mit Einzug moderner Maschinen und der Digitalisierung von CAD bis Abbundwerk und der damit einhergehenden millimetergenauen Fertigung der Bauteile, welche in Abbundwerkstätten vorgefertigt und vor Ort in wenigen Wochen oder gar Tagen aufgerichtet werden, besonders stark gewandelt.
Verbundenheit zu Wald und Natur
Seit Jahren ungebrochen wichtig ist das Thema Umweltschutz, das von den Zimmereibetrieben auch immer weiter vorangebracht wird. Nicht zuletzt leben und arbeiten gerade Zimmerer mit dem Werkstoff Holz. Die Verbundenheit zur Natur und zum Wald, so der Verband, liege sozusagen in den Zimmerergenen.
Gerade bei der Nachverdichtung in urbanen Quartieren oder kleineren Kommunen biete die Holzbauweise - durch geringes Gewicht, rasche Montage, Wert- und Nachhaltigkeit bei bester Wohnqualität - unschlagbare Vorteile. Auftraggeber erkennen die Vorteile denn auch immer öfter und bauen immer mehr mit Holz. Das Land Baden-Württemberg ist ohnehin Vorreiter und Vorbild mit der vor wenigen Jahren gestarteten Holzbaubauoffensive BW und hat bundesweit die höchste Holzbauquote. Holzbau Baden e. V. seinerseits ist stolz auf die höchste Quote im Verbandsgebiet.
Erfreulicherweise erlernen auch aktuell noch vergleichsweise viele Jugendliche den Beruf des Zimmerers. Offenbar mache die starke Verwurzelung des Gewerkes in der traditionellen Handwerkskunst, wie sie beispielsweise auch in der beliebten Veranstaltung des Zimmererklatschs zum Ausdruck komme, in Verbindung mit moderner Technik und dem hochaktuellen Thema Nachhaltigkeit Lust aufs Handwerk.
Die weiter steigende enorme Nachfrage im Holzbau führt andererseits aber schon seit längerem zu einem großen Nachwuchs- und Fachkräftemangel, was eines der wichtigsten Themen für den Verband auch in Zukunft darstellt. „Unsere modern ausgestatteten Mitgliedsbetriebe haben schon heute viele freie Stellen zu vergeben. Daher braucht es zur Erfüllung der Klimaziele noch viel mehr vom Gewerk faszinierten und begeisterten Zimmerernachwuchs“, erklärt Verbandshauptgeschäftsführerin Cornelia Rupp-Hafner.
Im Mai dieses Jahres wurde auf der Ligna in Hannover das Wohn- und Geschäftshaus Bugginger 52 in Freiburg mit dem Deutschen Holzbaupreis 2023 ausgezeichnet. Die Jury würdigte die Tatsache, dass mit dem Buggi 52 der Stadtteil Weingarten eine städtebaulich sensible Verbesserung erhalten habe - verbunden mit kostengünstigem Wohnraum, Kindergarten und Supermarkt. Die eigentliche Innovation bilden die komplett in Holzbauweise errichteten Stockwerke 2-8 inklusive Treppenhäuser und Aufzugsschacht. Für ein Gebäude in dieser Größe ist das bisher einmalig. Entstanden sind überwiegend barrierefreie und sozialhilfefähige Wohnungen unterschiedlicher Größe. Schon fast selbstverständlich war die kurze Bauzeit dank des hohen Vorfertigungsgrades. Buggi 52 ist deutschlandweit der erste FSC-zertifizierte Holzbau, da das Holz aus heimischer und nachhaltiger Forstwirtschaft stammt.
BZ/Nicola Hugel